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Schweizer Rennreiter-Verband
Bericht Auslandaufenthalt
Ella Muntwyler
Sehr geehrte Damen und Herren
Lieber Vorstand SRV
Im vergangenen Winter hatte ich die Möglichkeit, mit Ihrer finanziellen Unterstützung einen Auslandsaufenthalt in Frankreich zu
absolvieren. Nachfolgend möchte ich Ihnen gerne über meine Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke berichten.
Um die Wintermonate und somit die schweizerische Saisonpause möglichst effektiv zu nutzen, habe ich von November bis Ende
Januar einen Auslandsaufenthalt in Frankreich geplant. Anfangs November bis anfangs Dezember plante ich zu Davide Satalia
nach Lamorlaye zu gehen und anschliessend bis am 22. Januar in einem zweiten Teil zu Daniela Mele nach Pau. Davide Satalia
ist ein junger aufkommenden Hindernistrainer mit italienischen Wurzeln und trainiert momentan um die 60 Pferde. Der
ehemalige Hindernisjockey hat 2018 im Alter von 22 Jahren angefangen zu trainieren. Die Schweizerin Daniela Mele ist seit vielen
Jahren in Frankreich. Sie ist mit dem ehemaligen Rennpferdetrainer Guy Cherel liiert und trainiert seit 2019 erfolgreich
Hindernispferde. Ansässig in Gavray mit einer eigenen Trainingsanlage reist sie jährlich im Winter mit einem grossen Anteil ihrer
Pferde nach Pau um am dortigen Hindernismeeting teilzunehmen, welches jeweils von Mitte Dezember bis ca. Mitte Februar
stattfindet.
Das ich als Flachreiterin meinen Aufenthalt in zwei Hindernisställen plante, lag nicht daran, dass ich gerne Hindernisrennen
reiten möchte, sondern daran, dass für viele Hindernisställe im Winter Saisonhöhepunkt ist und dies deshalb für mich
interessant war. Des Weiteren sind aus meiner Sicht die Hindernisjockeys die «besten» Reiter und dementsprechend auch für
mich als Flachreiterin extrem lehrreich.
Durch meinen Mittelhandknochenbruch Ende September wurde meinem Praktikum bei David Satalia leider einen Strich durch
die Rechnung gemacht. Eine Röntgenkontrolle vor meiner Abreise nach Frankreich ergab, dass der Knochen immer noch nicht
genügend zusammengewachsen ist. Fazit: Weitere vier Wochen schonen und einen erneuten Kotrolltermin in der Schweiz am 02.
Dezember. So hatte ich gar keine andere Wahl, als Davide Satalia abzusagen. Da ich meinen ganzen Aufenthalt inklusive
Unterkunft bereits gebucht hatte, bin ich trotzdem nach Chantilly gereist und versuchte, wohl oder übel vom Boden aus, möglichst
von meiner dortigen Zeit zu profitieren. Ich besuchte die Morgenarbeit bei Andreas Schütz und Nicolas Clément sowie den
Abendstall bei André Fabre, durfte mit dem Team von Davide Satalia sowie der Entourage des Écurie Windrif an das 48H de
l’Obstacle-Wochenende nach Auteuil fahren, besuchte die Rennen in Chantilly, konnte diverse interessante Gespräche führen und
nutzte die Zeit für Sport.
Dank einem positiven Bescheid meiner Handkontrolle anfangs Dezember durfte ich das Reiten wieder aufnehmen. Da Davide
Satalia mit einem Grossteil seiner Pferde bereits in Cagnes-sur-Mer für das dortige Meeting war, ging ich eine Woche zu Noel
George. Noel George habe ich im vergangenen März in Chantilly kennengelernt. Der 24-jährige Sohn von Tom George, einem
namhaften Rennpferdetrainer in England, hat letztes Jahr seine Trainerprüfung in Frankreich abgelegt und im Sommer
angefangen zu trainieren – und das mit Erfolg. Wenige Monate später zählte er seinen ersten Gruppe-I-Sieg in Auteuil mit Il Est
Francais, in seinem Stall in Avilly-Saint-Léonard stehen hochkarätige Hindernispferde und interessante Nachwuchshoffnungen,
die Warteliste mit kommenden Pferden ist enorm und die Suche nach einem zweiten Yard in der Umgebung ist bereits im
Gange.
Mit Avilly-Saint-Léonard (dort hatte dazumal auch Brigitte Renk trainiert) hat er ein perfekt geeignetes Trainingszentrum; Bahnen
im Wald, eine 2150m lange Rundbahn, eine PSF-Bahn sowie eine Anlage mit diversen Möglichkeiten zu springen. Dies alles
nahezu für sich privat, einzig mit zwei Besitzertrainer mit je einem Pferd teilt er sich die Anlage.
Die Woche war sehr kurzweilig und interessant. Bis jetzt habe ich meine Auslandserfahrungen vor allem in Frankreich
gesammelt. Einen englisch geprägten Betrieb zu sehen, fand ich spannend. Die Pferde waren top, besonders die Arbeit mit den
zweijährigen Pferden hat mir sehr gefallen. Trotz der kurzen Zeit hatte ich die Möglichkeit viel zu profitieren, zu galoppieren und
die jungen Pferde zu springen. Diese Erfahrung war schlussendlich auch in Anbetracht für Pau eine wertvolle Vorbereitung.
Am darauffolgenden Wochenende stand dann die Weiterreise nach Pau an. Die kommenden, knapp sechs Wochen, waren relativ
strenge, aber einige der lehrreichsten und besten Wochen überhaupt. Daniela Mele hatte eine super Equipe, es wurde Hand in
Hand gearbeitet und jeder lieferte seinen Beitrag. Zu Bestzeiten hatten wir 41 Pferde vor Ort und waren zwischen 6-10
Mitarbeitende. Es war toll, von Beginn an am Meetings teilzunehmen, hinter die Organisation zu sehen und als Team Rennen zu
gewinnen. Wir hatten eine sieben Tage Woche, ritten täglich zwischen 3 und 5 Lot, arbeiteten jeden zweiten Abend und wurden
am Renntag entweder zum Führen oder im Stall eingeteilt.
Ich durfte viele Galopps reiten sowie bekam ich die Möglichkeit zum Springen. Dies rechne ich Daniela Mele sehr hoch an, da
ich ihrer Verantwortung bewusst bin und eigentlich nur Jockeys in Pau sprangen. Was ich bestimmt nie vergessen werde, war das
erste Mal springen. Ganz genau habe ich die vorherigen Abteilungen (wenn wir ein Lot sprangen, gab es immer mehrere
Abteilungen, da die Jockeys umsitzen mussten) beobachtet. Eine Runde in der Arena (ca. 400m) und anschliessend ein oder
zwei Touren Hürden auf Gras (schätze eine Runde ca. 1400m) in einem flüssigen Canter.
Als mich Daniela dann fragte, ob ich springen wollte, zögerte ich natürlich nicht. Allerdings staunte ich nicht schlecht, als wir
anstatt auf die Hürdenlinie dann auf die Steeplelinie abbogen. Ich glaube ich habe die ganze Runde nicht geatmet. Vielleicht
sollte ich hierzu erwähnen, dass ich davor eventuell mal ein paar kleine Hürden gesprungen bin, somit war dies ein bisschen
ein anderes Kaliber.
Ein weiteres Highlight für mich waren die Dreijährigen, welche im Januar gegen Ende meines Aufenthalts ankamen. Die Pferde
kamen nicht zum Rennen laufen, sondern einfach um eine neue Erfahrung und gute Lektion zu geben sowie die tolle Anlage zu
nutzen um das erste Mal auf Gras zu springen.
Zur Freude des ganzen Teams, waren unsere Pferde sehr erfolgreich. Wir gewannen viele Rennen, allen voraus der Seriensieger
Youtwo Glass, welcher der Grand Prix de Pau unter James Reveley gewann. Ich darf mich glücklich schätzen, neben Top-Pferden
wie Rosario Baron und La Danza auch Youtwo Glass geritten haben zu dürfen. Zum Abschluss des Meetings wurde Daniela
Mele als erfolgreichste Trainerin des Meetings ausgezeichnet und gewann das Meetings-Championat.
Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen. Einen bisschen unglücklichen Beginn aber dafür danach eine umso bessere Zeit. Ich
bin dem SRV unglaublich dankbar für die grosse Unterstützung. Ohne ihn hätte ich mir das so nicht ermöglichen können. Ich
finde es toll, dass der Schweizer Rennreiter-Verband diese Möglichkeit anbietet und somit uns Reiter so unterstützt. Ich
empfehle jedem Schweizer Nachwuchsreiter Erfahrungen im Ausland zu sammeln, sei es in einem solchen Rahmen oder
einfach während den Ferien beispielsweise zwei Wochen irgendwohin zu gehen, wie ich es schon unzählige Male davor
gemacht habe. Meiner Meinung nach kommt man nur weiter, wenn man nach links und rechts schaut, sich weiterbildet und auch
den «grossen» Sport im Ausland verfolgt.
Ich wünsche Ihnen allen einen erfolgreichen Saisonbeginn und grüsse Sie freundlich,
Ella Muntwyler
.